Derzeit arbeite ich daran einmal jedes Land in Europa besucht zu haben. Momentan sind nur noch Malta und Island übrig. Schon jetzt sind das viel mehr Länder als der Durchschnittsdeutsche in seinem ganzen Leben sehen wird. Aber verglichen mit meinem heutigen Interviewgast sind es erschreckend wenig. Dieser Mann sammelt Flughäfen und Länder, wie andere Sammelkarten fürs Panini-Album. Mein Couchsurfing-Freund Andras Foldvari ist Ungar aus Budapest und 62 Jahre alt. Im August hat er seinen 500. Flughafen angeflogen. Ein Meister des quantitativen Reisens. Wie kommt man eigentlich auf sowas?
Hallo Andras. Schön dass wir uns mal wieder sprechen. Es ist eine Weile der, dass wir uns gesehen haben! Dein 500. Flughafen ist ja nun auch wieder eine Weile her. War der denn wenigstens etwas Besonderes?
Ja. Das war er. Ich arbeite mittlerweile für Turkish Airlines und mein Chef kennt meine Obsession für Flughäfen. Ich bin auch der Mensch in meiner Firma, der die meisten Flughäfen besucht hat.
Jedenfalls wusste er, dass ich bald den 500. anfliege und es sollte natürlich ein türkischer Airport sein. Jedenfalls hat er in der Firmenzentrale angerufen und die wollten dafür auch gern ein Filmteam schicken und es filmen. Ich dürfte aber den Flughafen aussuchen. Also wollte ich gerne einen in der Osttürkei am Ararat haben. Da ich den eigentlichen Flughafen aber schon angeflogen hatte, mussten wir auf einen anderen ausweichen. Vom Flughafen von Igdir kann man den Ararat auch gut sehen. Zuvor gab es bereits eine Werbung für diesen Flughafen, in der vier Kinder sich wünschen dass in ihrem Ort ein Flugzeug landet, was dann auch passiert. Mit diesem Flug konnte man daran anknüpfen. Mittlerweile wurde der Clip fast 1,5 Millionen mal bei Youtube geklickt.
Wie kommt man denn eigentlich zu so einer Obsession?
Ich hatte in den Siebzigern angefangen für Malev zu arbeiten und ich fand das eigentlich schon immer toll. Und als Mitarbeiter einer Fluggesellschaft kann man natürlich immer günstig reisen. Also habe ich damals angefangen mit einer ersten Flugrundreise. Ich bin zunächst von Budapest nach Warschau geflogen. Von dort nach Danzig und Berlin. Von Berlin nach Prag und zurück nach Hause. Daran habe ich Gefallen gefunden und kann bis heute nicht aufhören.
Einer meiner damaligen Kollegen hatte mir dann später auch noch ein Buch über die 100 architektonischen Wunder der Welt geschenkt. Das hat mich beeindruckt. Ich hab dann zu ihm gemeint, die schaffe ich.
Bei wie viel bist Du da jetzt?
97. Es fehlen nur noch eine Ruine im Sudan, Chanchan in Peru und die Moai auf den Osterinseln.
Und was war Dein allererster Flug?
Du bist gerade in Jena oder? Ich bin 1971 mit meinen Eltern mit Interflug [staatliche Fluglinie der DDR, Anmerkung des Autors] in den Urlaub geflogen – nach Erfurt in der damaligen DDR.
Das ist ein schöner Zufall und auch ein eher kleiner Airport. Welche Flughäfen waren denn besonders einprägsam für Dich?
Also der Kleinste bisher war der von Narvik in Norwegen. Da war der Check-In-Schalter auch gleichzeitig die Sicherheitskontrolle. Der Mitarbeiter hat quasi nur das Schild umgedreht. Nett fand ich aber auch den Flughafen Ko Samui. Als ich dort war, hatte der nur ein Palmendach und keine Wände. Als es geregnet hat, haben die einfach nur ein paar Nylonplanen aufgezogen. Architektonisch finde ich den neuen Airport von Hongkong sehr schön.
Und welche Flughäfen sind die besten für Dich?
Also am liebsten fliege ich eigentlich nach Singapur-Changi. Das ist wirklich ein guter Flughafen. In Europa gefallen mir München und Wien am besten.
Wie schaffst Du es eigentlich so viel zu reisen?
Ich nehme eigentlich keine längeren Urlaube. Meistens nehme ich einen oder zwei Tage frei und verlängere das Wochenende. Über Feiertage freue ich mich auch. So schaffe ich dann pro Reise meist 2 neue Flughäfen. Ich mache dann einen Gabelflug und fliege den ersten an und dann vom anderen Airport zurück.
Wir haben uns ja kennengelernt, als Du damals bei mir in Vilnius couchgesurft hast. Machst Du das auch heute noch?
Ja, natürlich! Couchsurfing ist für mich die beste Möglichkeit Leute kennenzulernen. Ich mag es vor allem junge Menschen zu treffen und deren Sichtweisen zu hören. Allerdings ist es mittlerweile etwas weniger geworden. Das Problem ist meistens, dass ich nicht lange bleibe. Wenn ich couchsurfe, dann möchte ich Zeit für meine Gastgeber haben. Wenn Du aber irgendwann spät kommst und am nächsten Morgen wieder verschwindest, geht das meistens nicht. Dafür haben viele auch kein Verständnis. Und wenn man so etwas mehrmals in einem Monat macht, dann ist man es auch irgendwann einmal leid, immer wieder die gleiche Geschichte zu erzählen.
Du bist ja 62. Andere Menschen in dem Alter sind schon in Rente. Willst Du die nicht auch irgendwann genießen?
Doch schon. Aber als pensionierter Mitarbeiter kriege ich nicht mehr die ganz hohen Discounts der Fluggesellschaften. Deswegen mache ich noch ein wenig länger als ich müsste. Eigentlich könnte ich ab Februar in Rente gehen.
Und dann?
Als nächstes Ziel habe ich mir jetzt erstmal gesetzt, 555 Flughäfen zu besuchen. Das dauert noch etwas. Und wenn ich dann in Rente bin, dann will ich mir für meine Reisen etwas mehr Zeit lassen.
Du warst ja nun auch schon in 152 Ländern. An welchen Orten hat es Dir denn am besten gefallen?
Es gibt sehr viele schöne Orte. Aktuell würde ich den Winter gern in Laos verbringen. Ein wunderschönes Land, sehr freundliche Leute. Interessant ist auch Japan. Als alter Hippie stehe ich natürlich auch auf Goa, was sonst.
Im Gedächtnis ist mir auch Mauritius geblieben. Dort war ist sogar mal eine Woche lang. Das ist eine sehr schöne multikulturelle Mischung. Das tat mir damals sehr leid, als wir wieder fahren mussten.
Ozeanien ist toll mit den vielen Inseln wie Guam oder die Marshall Islands.
In Europa gefallen mir vor allem das Baltikum und Lissabon sehr gut. In Amerika sind es San Francisco und Buenos Aires. Auch der Oman ist eine gute Alternative zu den Emiraten. Und Kirgisien fand ich auch sehr interessant. Das ist noch nicht so überrenoviert wie andere Länder dort.
Wo geht es als nächstes hin?
Mir fehlen noch einige Ecken in Afrika. Bald geht es nach Eritrea, Somalia und Djibouti.
Bei Flightmemory hat Andras seine Flüge gelistet. Bei Couchsurfing findet Ihr sein Profil mit der Liste aller besuchten Länder. Wenn auch ihr einen kleinen Airport in der Nähe habt, ladet Ihn doch auf eure Couch ein. Vielleicht war er noch nicht dort!
Der Link zum Video von Turkish Airlines ist übrigens nicht bezahlt, falls das jemand vermutet.